Die Aktienvermögen verwaltende Kapitalgesellschaft
Einleitung
Für wen ist eine Aktienvermögen verwaltende Kapitalgesellschaft sinnvoll?
Aktien aus bestimmten Branchen wie z.B. der Rohstoffförderung unterliegen hohen Kurswertschwankungen, sodass sie in der Regel schlecht einmal gekauft und für immer gehalten werden können.
Veräußerungsgewinne im Privatdepot werden aber mit 26,375 % Kapitalertragssteuer (ohne Kirchensteuer) belastet (§§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, 43a Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und §§ 3 Absatz 1 Nr. 5, § 4 Satz 1 SolzG), sodass anschließend weniger Geld für die Wiederanlage zur Verfügung steht.
Lösungsansatz
Wenn der Aktienhandel über eine Kapitalgesellschaft wie z.B. eine GmbH oder UG abwickelt wird, bleiben die dort erzielten Veräußerungsgewinne zu 95 % ertragssteuerfrei (§ 8b Absatz 2 Satz 1 und Absatz 5 Satz 1 KStG).
Wenn keine Gewinnausschüttungen an Gesellschafter stattfinden, werden die Veräußerungsgewinne nur mit etwa 2 % ertragssteuerlich belastet und die übrigen 98 % stehen zur Wiederanlage zur Verfügung:
Körperschaftsteuer (§ 23 Absatz 1 Nr. 1 KStG)
= 5 % x 15 % = 0,75 %
Solidaritätszuschlag auf die Körperschaftsteuer (§§ 3 Absatz 1 Nr. 1, 4 Satz 1 SolzG)
= 0,75 % x 5,5 % = 0,04125 %
Gewerbesteuer (§§ 11 Absatz 1 Sätze 1 und 2, Absatz 2 sowie 16 Absatz 1 GewStG) am Beispiel Köln mit Hebesatz 475 %
= 5 % x 3,5 % x 475 % = 0,83125 %
Summe Ertragssteuern
= 0,75 % + 0,04125 % + 0,83125 % = 1,6225 %
Nimmt die Kapitalgesellschaft eine Gewinnausschüttung in das Privatvermögen eines Gesellschafters vor, so unterliegt diese (ohne Kirchensteuer) dem Kapitalertragssteuerabzug von 26,375 % der Brutto-Dividende (§§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, 43a Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und §§ 3 Absatz 1 Nr. 5, § 4 Satz 1 SolzG). Die Steuer hat hinsichtlich der Einkommensteuer des Gesellschafters abgeltende Wirkung (§ 32d Absatz 1 Satz 1 EstG).
Der Gesellschafter kann die Dividende aber optional der tariflichen Einkommensteuer unterwerfen (§ 32d Absatz 6 Satz 1 EstG), was für Niedrigverdiener steuerlich Sinn macht.
Der Gesellschafter kann alternativ, wenn er
a) Geschäftsführer ist und mindestens 1 % des Stammkapitals der Kapitalgesellschaft besitzt oder
b) mindestens 25 % des Stammkapitals der Kapitalgesellschaft besitzt,
für die Dividenden für mindestens 5 Veranlagungsjahre lang das Teileinkünfteverfahren anwenden (§ 32d Absatz 2 Nr. 3 EstG). Dabei wird 60 % der Dividende der tariflichen Einkommensteuer unterworfen und der Rest steuerfrei belassen, was für Durchschnittsverdiener steuerlich Sinn macht.
Ist die anzurechnende Kapitalertragssteuer höher als die zusätzliche Einkommensteuer auf die Kapitalerträge, kommt es zu einer teilweisen oder vollständigen Rückerstattung dieser (§ 36 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 i. V. m. Buchstabe a) EstG).
Die Aktienvermögen verwaltende Kapitalgesellschaft sollte daher am besten in einem Zeitraum zwischen Ruhestands- und Rentenbeginn des Gesellschafters nach und nach ausschütten.
Die Aktienvermögen verwaltende Kapitalgesellschaft hat jedoch auch Nachteile:
- Veräußerungsverluste bleiben körperschaft- und gewerbesteuerlich unberücksichtigt (§ 8b Absatz 3 Satz 3 KStG, § 7 Absatz 1 Satz 1 GewStG).
- Dividenden aus Streubesitz sind voll steuerpflichtig. Für die körperschaftsteuerliche Steuerbefreiung im Umfang von 95 % ist ein Anteil am Stammkapital von mindestens 10 % zu Beginn des Geschäftsjahres erforderlich (§ 8b Absatz 4 Satz 1 KStG). Für die gewerbesteuerliche Steuerbefreiung im Umfang von 95 % ist ein Anteil am Stammkapital von mindestens 15 % zu Beginn des Geschäftsjahres erforderlich (§ 7 Absatz 1 Satz 1 GewStG, § 8 Nr. 5 GewStG, § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG).
- Nicht jede Depotbank akzeptiert Kapitalgesellschaften als Neukunden. Dadurch können nicht immer die Depotbanken mit den niedrigsten Ordergebühren ausgewählt werden, was sich insbesondere bei häufigen Ordern mit geringem Wert bemerkbar macht.
- • Außerdem entstehen Ihrer Kapitalgesellschaft Betriebsgaben für eine LEI-Registrierung (von ca. 70 Euro pro Jahr), für die Hinterlegung der Bilanz beim Unternehmensregister (von ca. 100 Euro pro Jahr) und eine Pflichtmitgliedschaft bei der örtlichen Industrie- und Handelskammer (von ca. 150 Euro pro Jahr).
- Kann der Geschäftsführer seinen Jahresabschluss, seine Jahressteuererklärungen und seine Finanzbuchhaltung nicht selber erstellen, drohen selbst bei minimaler Aktivität jährliche Steuerberatungskosten in der Größenordnung von 500,- € bis 1.000,- €.
- Die GmbH erfordert ein Stammkapital von mindestens 25.000,- € (§ 5 Absatz 1 GmbHG). Davon müssen bei Gründung mindestens 12.500,- € bar eingezahlt werden (§ 7 Absatz 2 Satz 2 GmbHG).
- Eine UG können Sie z.B. auch mit nur 500 € Bareinzahlung gründen (§ 5a Absatz 1 GmbHG), dürfen aber anschließend nur ¾ der handelsrechtlichen Jahresüberschüsse ausschütten (§ 5a Absatz 3 GmbHG). Aus der UG kann nachfolgend durch Erhöhung des Stammkapitals eine GmbH werden (§ 5a Absatz 5 GmbHG). Dies verursacht jedoch Notar- und Gerichtskosten.
Im Ergebnis sollten Privatanleger eine Aktienvermögen verwaltende Kapitalgesellschaft erst dann gründen, wenn sie langfristig mindestens 100.000 € in Aktiengesellschaften aus Branchen mit typischerweise hohen Schwankungen des Kurswerts anlegen wollen. Es sollte von Anfang an eine GmbH gegründet werden, um Ausschüttungsbeschränkungen für Unternehmergesellschaften zu vermeiden.
Auf das Thema Wegzugsbesteuerung bei einem Umzug ins Ausland bin ich nicht eingegangen.
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Rechtsstand: 18.10.2025
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